Wäre es nicht super, wenn es einen Test gäbe, der einem Zeit, wie klimafreundlich ich eigentlich lebe? Diesen Test gibt es: Bei worldwatchers gibt es einen kostenfreien CO2-Rechner.
Startet man den Rechner ist bereits ein durchschnittliches Verhalten eingestellt. Der Rechner umfasst die Kategorien Wohnen, Ernährung, Mobilität, Shopping, Freizeit, Urlaub, digitales Leben und öffentliche Emissionen. Jede der Kategorien kann man antippen und verschiedene Faktoren einstellen. Das habe ich auch einmal gemacht.
Mein CO2-Fußabdruck
Beim Wohnen gibt es zwei große Einflussfaktoren: Strom und Wärme. Beim Strom nutzen wir Ökostrom, sind da also ganz gut. Bei der Wärme sieht es etwas anders aus. Wir mögen es recht warm – in den Räumen, in denen wir uns aufhalten, haben wir 22 Grad eingestellt. Allerdings nutzen wir mit Tado ein System, welches intelligent unsere Wohnräume beheizt. Sind wir nicht da, wird die Heizung runter gefahren. Sind die Fenster geöffnet, wird die Heizung runter gefahren und so weiter. Dieses System kann der Klimarechner jedoch nicht abbilden. Würden wir auf nur 15-16 Grad heizen, könnten wir 130kg CO2 sparen.
Bei der Ernährung stehe ich als Vegetarier, die eh am liebsten Leitungswasser und Kräutertee trinkt, bereits gut da. Durch eine vegane Ernährung könnte ich noch einmal 150kg im Jahr sparen. Bisher kaufe ich zwar bevorzugt regionales und saisonales Obst und Gemüse. Doch gibt es bei uns auch Bananen sowie ab und zu Kiwi, Avocado & Co. Durch eine konsequente regionale und saisonale Ernährung könnte ich noch einmal 340kg CO2 sparen. Das ist mehr als ich durch eine vegane Ernährung erreichen kann.
In der Mobilität bin ich super: na ja, dank Corona bin ich die letzten beiden Jahre auch kaum raus gekommen. Und in München mache ich eigentlich alles mit dem Rad. Nur ab und zu fahren wir jetzt Bus, seitdem meine Kleine den entdeckt hat. Und dann auch gleich von Endhaltestelle zu Endhaltestelle.
Beim Shopping kann ich laut Klimakompass noch besser werden. Allerdings ist es nicht ganz klar wie, denn sie fragen lediglich mein Ausgabeniveau ab. Streng genommen würde das bedeuten, dass ich nur billiger kaufen müsste und alles wäre Paletti. Das kann es ja wohl nicht sein. Denn gute Bio-Qualität aus Deutschland kostet häufig mehr als kurzlebige Billigwaren. Ebenso wenig wird berücksichtigt, dass Weggehen in München doppelt so viel kostet wie in Leipzig. Das kann ja nicht bedeuten, dass eine Pizza in Leipzig klimafreundlicher ist als in München. Auch wenn der private Konsum einen großen Teil ausmacht, stehe ich an dieser Stelle dem Klimakompass eher skeptisch gegenüber.
Mein Urlaub in der Ferienwohnung an der Ostsee in diesem Jahr ist aus meiner Sicht noch nicht optimal, denn es ist für einen Süddeutschen doch recht weit, aber der Klimakompass gibt mir zumindest einen grünen Punkt.
Ganz klarer Klimasünder bin ich in Bezug auf digitales Leben. Eigentlich spielt sich mein gesamter Arbeitstag online ab. Und da ich selbst auch Videos produziere ist auch eine ganze Menge Videostreaming dabei. In letzter Zeit achte ich vermehrt darauf, dass ich nur noch mit 480p oder 720p Auflösung meine Videos schaue. Und ich lade meine Videos auch nur mit 1080p hoch statt mit 4k. Spannend ist jedoch auch, dass mein klimasündiges Verhalten im Bereich digitales Leben weniger CO2 verbraucht als mein klimafreundliches Verhalten im Bereich Shopping.
Bewertung – wie klimafreundlich lebe ich
Insgesamt komme ich so auf CO2-Äquivalente von 5,57 Tonnen pro Jahr. Ist das gut oder schlecht? Na ja, es kommt darauf an, womit man es vergleicht. Würde ich es mit den 11,61 Tonnen vergleiche, die jeder Deutsche rechnerisch verbraucht, könnte ich mir sicher auf die Schultern klopfen. Doch ist dies der falsche Maßstab, denn es gibt rechnerisch für Deutschland ein Klimabudget von ca. 3,66 Mrd. Tonnen CO2 Äquivalenten ab 2021. Dann ist Schluss. Würde jeder so leben wie ich, würden wir 463 Mio. Tonnen pro Jahr verbrauchen und hätten dann nach 8 Jahren alles aufgebraucht, um das Klimaziel von 1,5 Grad wahrscheinlich noch zu erreichen.
Das ist immer noch nicht sonderlich lange.
Da kommt mir Michael Baumgartner in den Sinn, der das Cradle2Cradle Konzept entwickelt hat. Er hat gleich zwei Aussagen:
- wir sind nur dann klimaneutral, wenn wir gar nicht leben
- wir versuchen aktuell das Schlechte weniger schlecht zu machen, statt etwas Gutes zu kreieren.
Das bedeutet übrigens nicht, dass wir uns umbringen und keine Kinder mehr bekommen sollen wie z.B. die Extinction Rebellion es vorschlägt und auch nicht, dass wir nicht darauf achten sollen, nachhaltig zu leben.
Die Lösung ist, unsere Produkte so zu erschaffen, dass wir im Einklang mit der Natur leben und sie in einem Kreislauf mit mehreren Verwendungsmöglichkeiten zu denken. Michael Baumgart und William McDonough beschreiben es in ihrem Buch Intelligente Verschwendung so: „Wie können wir Dinge herstellen und dabei auch derartig positive und heilsame Wirkungen gleich mitdenken?“ und „Wenn die Menschen upcyceln, können sie alle produktiv auf einem Planeten leben. Mit anderen Worten: Nachdem so viel Schaden angerichtet worden ist, sind wir an einem Punkt angelangt, an dem die Menschen keinen kleineren negativen ökologischen Fußabdruck hinterlassen sollten: Sie können einen positiven Fußabdruck hinterlassen.“
Was bedeutet das für mich? Für mich als Unternehmerin bedeutet es, dass ich bei der Entwicklung von Produkten überlege, wie ich einen positiven Fußabdruck hinterlassen kann. Und für mich als Konsumentin bedeutet es, dass ich weiterhin darauf achte, was ich konsumiere. Doch ich suche explizit nach Produkten, die meinen Fußabdruck verbessern und nicht nur das CO2 verringern. Vor diesem Hintergrund empfinde ich das Kompensieren mithilfe von Bäume pflanzen & Co auch gar nicht mehr als Green Washing. Im Gegenteil, es ist wichtig, nicht nur unseren CO2 Ausstoß zu reduzieren, sondern ebenso wichtig, dazu beizutragen, CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen.