EU Taxonomie

EU Taxonomie

In letzter Zeit gibt es immer mehr Überschriften wie diese, dass die Bundesregierung noch uneins ist, ob denn Gas eine nachhaltige Energiequelle ist. Bei Atomkraft ist man sich einig – zumindest in Deutschland. In Europa sieht es dagegen anders aus. Die Diskussion, welche Energiequellen denn nachhaltig sind, ist wegen der EU-Taxonomie-Verordnung in ganz Europa entbrannt. Um die EU-Taxonomieverordnung überhaupt durchzubekommen, hat die EU-Kommission vorgeschlagen, sowohl Gas- als auch Atomkraftswerke als taxonomiekonforme Energiequellen einzustufen. Doch was bedeutet das überhaupt?

Was ist die EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie ist ein Klassifikationssystem. Es gibt eine Taxonomieverordnung, in der beschrieben wird, was nachhaltig ist und was nicht. Für Lebensmittel gibt es ja bereits die EU-Bio-Verordnung. Die Taxonomie definiert dies nun allgemeiner für alle Wirtschaftsaktivitäten. Damit eine Wirtschaftsaktivität als taxonomiekonform gilt, muss es auf mindestens eines der sechs festgelegten Umweltziele signifikant einzahlen, darf keinem anderen Ziel schaden und muss bestimmte Sicherheits- und Sozialstandards erfüllen.

Die sechs festgelegten Umweltziele sind: 

  • Klima schützen
  • An den Klimawandel anpassen
  • Wasser- und Meeresressourcen nachhaltige nutzen und schützen
  • Kreislaufwirtschaft etablieren
  • Umweltverschmutzung vermeiden und vermindern
  • Biodiversität und Ökosysteme schützen und wiederherstellen

Zusätzlich gibt es eine EU Technical Expert Group, die Branchenspezifische technische Auswahlkriterien definiert, die Unternehmen erfüllen müssen. 

Anhand des Rahmens kann jedes Unternehmen als taxonomiekonform oder eben nicht taxonomiekonform eingestuft werden. Übrigens, auch Unternehmen, die eigentlich nichts mit Umwelt zu tun haben, können als als taxonomiekonform eingestuft werden. Dafür müssen sie Maßnahmen ergreifen, um die wichtigsten Klimarisiken zu reduzieren, die durch ihre Aktivitäten entstehen können. 

Um ein Beispiel zu machen: Skoobe, eine digitale Bibliothek, hat an sich keine großen Umweltwirkungen im Vergleich zu anderen produzierenden Unternehmen. Der größte Einfluss entsteht durch die Bereitstellung der Bücher über das Internet. Denn dadurch müssen Server betrieben werden und Daten übers Internet versendet werden. Dafür ist Strom notwendig, der je nach Erzeugungsart nachhaltig oder eben auch nicht ist. Um taxonomiekonform zu sein, muss Skoobe also für seine Serverinfrastruktur Ökostrom nutzen.

Die EU Taxonomie selbst ist wirklich nur die Einteilung von Wirtschaftsaktivitäten in taxonomiekonforme und nicht taxonomiekonforme Aktivitäten. Damit gibt es erstmals die Möglichkeit, nachhaltige Aktivitäten von nicht nachhaltigen zu unterscheiden. Außerdem hat die EU sechs Umweltziele definiert, anhand derer sich Unternehmen und auch Konsumenten orientieren können. 

Warum ist das Relevant – Auswirkung der EU Taxonomie

Die EU hat die Taxonomie natürlich nicht nur entwickelt, um irgendetwas zu definieren. Sondern die Definitionen der Taxonomieverordnung sind die Grundlage für die Offenlegungsverordnung. In der Offenlegungsverordnung werden große Unternehmen verpflichtet, jährlich zu veröffentlichen, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit als nachhaltig einzustufenden, „grünen“ Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind. Und das ist eine große Sache. Selbst, wenn nicht jeder von uns Nachhaltigkeitsberichte liest, müssen sich die Unternehmen damit auseinander setzten.

Und nun kommt der Knackpunkt der ganzen Anstrengungen.

Es gibt eine ganze Reihe von Fonds, die gerne in grüne Unternehmen investieren wollen. Denn immer mehr Anleger möchten gerne ihr Geld in nachhaltige Anlagen stecken. Und bisher hat jeder Fonds selbst für sich definiert, was eigentlich nachhaltig bedeutet. Damit gab es bei den nachhaltigen Anlagen auch viel Greenwashing – ich unterstelle jetzt einfach mal aus Unwissenheit.

Mithilfe der EU Taxonomie gibt es nun erstmals eine einheitliche Definition dafür, was als nachhaltig einzustufen ist. Und dank der Offenlegungsverordnung müssen die Unternehmen dies auch öffentlich machen. So können Fonds und Banken nun gezielt nachhaltiger investieren. Das bedeutet auch, dass wenn ab 2022 ein Fonds und Bonds grün genannt nur in Unternehmen investiert, die taxonomiekonform ist. Und es ist für Finanzunternehmen auch nicht mehr möglich, sich selbst als grün darzustellen, wenn sie nur einen grünen Fonds aufgelegt haben. Denn nicht nur große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen offenlegen, wie nachhaltig ihre Aktivitäten sind, sondern alle Unternehmen, die Finanzprodukte in der EU vertreiben.

Was hat das mit Energie aus Gas oder Atomkraft zu tun?

Nun kommen wir zur Ausgangsfrage, weshalb die Frage so relevant ist, ob denn Energieerzeugung aus Gas oder Atomkraft nachhaltig ist. Es ist davon auszugehen, dass Fonds verstärkt in nachhaltige Unternehmen investieren und zwar genau solche, die taxonomiekonform sind.

Da Atomkraft und Gas als taxonomiekonform eingestuft wurden, dürfen auch gründe Fonds in Energieunternehmen investieren, die ihre Energie eben aus Gas oder Atomkraft generiert. Auch Banken dürfen die Finanzierung von Atomkraftwerken und Gaskraftwerken als taxonomiekonforme Aktivitäten in ihren Nachhaltigkeitsberichten ausweisen. Und es ist davon auszugehen, dass sich die Finanzströme innerhalb der EU massiv in solche Technologien verlagern, die taxonomiekonform sind.

Wie finde ich das?

Aus meiner Sicht – ebenso wie vieler anderer – sind weder Atomkraftwerke noch Gaskraftwerke nachhaltig.

Atomkraft

Zumindest nicht in der aktuellen Situation. Denn während Atomkraft zwar keine CO2-Emissionen während des Betriebs ausstößt, haben sie bereits im Betrieb so viel Abwärme (durch die Kühlung des Systems), dass die Flüsse rings um die Kraftwerke etwas wärmer sind als sie natürlicherweise wären. Damit stören sie bereits im eigentlich sauberen Betrieb das Ökosystem. Würde man die Abwärme jedoch sinnvoll nutzen, sähe das Bild bereits anders aus. Doch das eigentliche Problem der Kernkraft ist der Müll – da gibt es bisher immer noch keine Lösung – und die Auswirkungen bei Unfällen. Ja, Kernkraft ist meist sehr sicher. Doch, wenn einmal ein Unfall passiert, wird für die nächsten Jahrzehnte die gesamte Umwelt im Umkreis von mehreren Tausend Kilometern massiv negativ beeinflusst. Das Risiko ist einfach zu groß.

Gas

Bei Gaskraftwerken bin ich mir noch nicht sicher, wieso dies sauber sein soll. Erdgas ist wie Erdöl ebenso ein fossiler Energieträger. Wird dieser gefördert und verbrannt, entsteht CO2. Ja, es ist ca. 20% weniger als bei Heizöl und 63% weniger als bei Braunkohle. Zusätzlich gibt es noch das Problem der Methanleckagen. D.h. bei der Förderung und beim Transport wird Methan freigesetzt – ein Greenhouse Gas, welches ein vielfaches schlimmer ist als CO2.

Fazit

Gleichzeitig verstehe ich durchaus, dass wir nicht von heute auf morgen komplett auf Solar-, Wind- und Wasserenergie umsteigen können. Denn diese sind zwar an sich in ausreichender Menge verfügbar, um unseren globalen Energiebedarf zu decken. Doch leider nicht immer zu der Zeit, zu der wir es brauchen. Deshalb ist es wichtig, dass wir erst noch bessere Energiespeicher entwickeln.

Damit verstehe ich, dass sowohl Kernkraftwerke und Gaskraftwerke nicht einfach so abgeschaltet werden. Doch was ich nicht verstehe, warum die beiden Technologien als taxonomiekonform eingestuft werden müssen. Denn es werden ja nicht alle Investitionen in nicht taxonomiekonforme Unternehmen unterbleiben. Lediglich die Finanzierung wird wahrscheinlich teurer. Und ich verstehe nicht, was daran schlecht sein soll.